Pressemitteilung -
„Verkehrssicherheit bei Cannabiskonsum zu wenig berücksichtigt“
Aschersleben (bo/nr). Experten haben jetzt auf einem Symposium des BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr - Landessektion Sachsen-Anhalt) in Aschersleben auf Lücken im Gesetzestext zum Cannabiskonsum aufmerksam gemacht. Diese zeigten sich in der vom Deutschen Bundestag im März d.J. verabschiedeten Änderung des Betäubungsmittelgesetzes und anderer Vorschriften. Darin wurde der verschreibungsfähige Medizinal-Cannabis für Schwerkranke eingeführt. Die Krankenkassen registrieren seitdem ein deutlich gestiegenes Patienteninteresse an Cannabis-Arzneimitteln.
Mehr als 190 Experten aus Wissenschaft, Rechtsmedizin, Suchtberatung, Polizei, Justiz, Verkehrswachten, Automobilclubs und Ministerien diskutierten die Auswirkungen des Cannabis-Konsums auf die Verkehrssicherheit. Es referierten Prof. Dr. Gundula Barsch (Hochschule Merseburg), Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Ursula Havemann- Reinecke (Universität Göttingen), Kurt Rüdiger Maatz (Richter am BGH a. D. Karlsruhe) sowie Jürgen Kanngießer (Erster Polizeihauptkommissar, Hildesheim).
Die Teilnehmerinnen und -Teilnehmer begrüßten dabei den Willen des Gesetzgebers, die Versorgung Schwerkranker zu verbessern, äußerten jedoch ihr Unverständnis, dass auf die Belange der Verkehrssicherheit, die Auswirkungen auf die Praxis der Fahreignungsbegutachtung sowie auf die ärztlichen Pflichten im Zusammenhang mit der Verschreibung von Medizinal-Cannabis überhaupt nicht eingegangen wurde. Diese Belange seien viel zu allgemein und unzulänglich geregelt worden.
Im Vordergrund der Diskussion stand die Reglung der sogenannten Medikamentenklausel des § 24a Abs. 2 Satz 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG). Sie ist nach Auffassung der Experten mit Blick auf die Verschreibungsfähigkeit von Medizinal-Cannabis in sich widersprüchlich und muss entweder dringend konkretisiert oder besser gänzlich aus dem Straßenverkehrsgesetz gestrichen werden. So bestehe die völlig unhaltbare rechtliche Situation, dass der aus therapeutischen Gründen unter der Wirkung von Cannabis auf Rezept stehende Kraftfahrzeugführer keine Ordnungswidrigkeit begeht. Zudem besteht für ihn keine Verpflichtung, einen Nachweis über die medizinische Verordnung mitzuführen. Die fehlende Nachprüfbarkeit auf eine bestimmungsmäßige Einnahme kann dazu führen, dass ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet und eine Blutentnahme durchgeführt werden müsste.
Die volle Härte des Gesetzes trifft jedoch den Kraftfahrzeugführer, der Cannabis als Genussmittel konsumiert hat. Er wird wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt, da er unter Wirkung von Cannabis nach der Anlage zu § 24 a Abs. 2 StVG am Straßenverkehr teilgenommen hat.
Weitere rechtliche Unzulänglichkeiten wurden auch im Fahrerlaubnisrecht ausgemacht.
Den Teilnehmern erschien es befremdlich, dass auch die Fahrerlaubnis-Verordnung einschließlich der Begutachtungsleitlinien zur Fahreignung offensichtlich unberücksichtigt blieb. Verwaltungsrechtliche Praxis ist, dass bei regelmäßiger Einnahme von Cannabis die Fahreignung zu verneinen ist. Das gilt für den Regelfall. Ob die regelmäßige Einnahme von Medizinal- Cannabis eine Ausnahme darstellt, hätte auf jeden Fall einer Klarstellung bedurft. Deutlich wurden auch die nicht unerheblichen Auswirkungen auf die polizeiliche Verkehrsüberwachungstätigkeit.
Weitere Einzelheiten sind in einem Bericht zum Symposium unter www.bads.de/Landessektion Sachsen-Anhalt abrufbar.
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Der Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr wurde 1950 gegründet. Nach der Satzung des gemeinnützigen Vereins gehören zu seinen Aufgaben unter anderem die Aufklärung über die Gefährlichkeit von Alkohol und Drogen und die Förderung der Forschung auf diesem Gebiet. Der Schwerpunkt seiner Erziehungs- und Aufklärungsarbeit wird von 21 Landessektionen getragen. Internationale Akzeptanz findet unsere renommierte wissenschaftliche Publikation BLUTALKOHOL. Jährlich verleihen wir an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens für ihr Engagement um mehr Sicherheit auf unseren Straßen die Senator-Lothar-Danner-Medaille in Gold. Der B.A.D.S. finanziert seine Arbeit hauptsächlich aus den von Staatsanwaltschaften und Gerichten zufließenden Geldbußen, aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen.