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„Legal Highs“ sind mit dem neuen Gesetz so nicht zu stoppen

Pressemitteilung -

„Legal Highs“ sind mit dem neuen Gesetz so nicht zu stoppen

Berlin/Hamburg (nr). Ist der Kampf gegen die Verbreitung ständig wechselnder Mischformen bei den neuen psychoaktiven Stoffen(NPS) über den Internethandel überhaupt zu gewinnen? Kann das vor einigen Monaten vom Parlament verabschiedete Gesetz dabei helfen, die tödliche Gefahr auch im Straßenverkehr einzudämmen? Diese Fragen erörterten jetzt Experten beim Symposium „Legal“ Highs - die tödliche Gefahr“ des BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr). Der Präsident des BADS, Dr. Peter Gerhardt, begrüßte dazu mehr als hundert Vertreter vornehmlich aus Verwaltung, Justiz, Polizei und Rechtsmedizin.

Das Neue–psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) betrifft psychoaktive Substanzen, die nicht vom Betäubungsmittelgesetz und dem Arzneimittelgesetz erfasst werden. Diese Gesetze werden umgangen, indem ständig neue Mischformen auf dem Markt erscheinen, deren Inhalte schwer zu identifizieren sind. Zudem werden sie als „Legal Highs“ bezeichnet, um zu suggerieren, dass es sich dabei um Stoffe handelt, die legal erworben und besessen werden können. Alle Referenten verwiesen auf die hohen gesundheitlichen Risiken durch ihre Einnahme. Ludwig Laub, Direktor an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg,

führte zur Rauschwirkung dieser Stoffe aus: “Ungefährlich sind die Produkte keineswegs, die unter harmlosen Tarnnamen wie Kräuter- und Räuchermischungen, als Badesalze, Pflanzendünger etc. über Internet oder Head-shops vertrieben werden. Im Zusammenhang mit dem Konsum solcher Stoffe wurden allein in Deutschland für das Jahr 2015 insgesamt 39 Todesfälle registriert“.

Prof.Dr.Thomas Daldrup vom Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Düsseldorf machte deutlich, wie schwierig es ist, die verwendeten Stoffe forensisch zu erkennen bzw. zu bestimmen „Es ist auch mit erhöhtem analytischen Aufwand oft nicht möglich, den konsumierten Stoff im Blut oder Urin nachzuweisen. Dies liegt daran, dass immer wieder neue Stoffe neben den über 550 bereits bekannten Stoffen auf dem Markt erscheinen, von denen nicht bekannt ist, wie diese im Körper verstoffwechselt werden.“

Der Diplom-Sozialpädagoge der Drogenhilfe Köln, Ralf Wischnewski, verwies in seinem Referat darüber hinaus darauf, dass es mit dem Einzug der „Legal Highs“ sowohl eine neue Generation von Drogen als auch eine neue Generation von Drogendealern gebe. „Trotz des neuen Gesetzes wurden und werden die Substanzen immer noch vorwiegend über das Internet als sogenannte Badesalze, Dünger oder Räuchermischungen beworben und vermarktet. Die Händler versenden nach eigenen Aussagen nur Substanzen, die von der neuen Gesetzgebung nicht erfasst werden sollen. Über diese Vertriebsstrategien werde versucht, dem Image des traditionellen Drogendealers, der auf dem Schwarzmarkt in dunklen Ecken dreckige Drogen verkauft, das Bild eines sauberen Genussmittelversandes entgegen zu stellen.“

Im Mittelpunkt des Symposiums stand die Frage, inwieweit der Genuss von „Legal Highs“ zu Gefährdungen im Straßenverkehr führt und ob die bestehenden Gesetze eine Ahndung erlauben. Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Kirsten Lühmann verwies in ihrem Referat darauf, dass der Verkehrsausschuss des Bundestages beim Gesetzgebungsverfahren nicht mit beratend beteiligt war und deshalb die Auswirkungen dieser Stoffe auf die Verkehrssicherheit zu kurz kam. Alle Referenten waren sich einig, dass die Neuen Psychoaktiven Stoffe erhebliche Auswirkungen auf die Fahreignung haben können. „Die Anlage des Straßenverkehrsgesetzes mit der Liste der berauschenden Mittel und Substanzen wurde im Zuge der Gesetzesänderung nicht angepasst. Im Gegensatz z. B. von Cannabis reicht deshalb der Nachweis des Konsums von Legal Highs im Blut nicht aus, um eine Ordnungswidrigkeit beim Führen eines Fahrzeuges im Straßenverkehr zu begehen. Nur beim Nachweis eines Fahrfehlers komme deshalb eine Verurteilung wegen einer Straftat wegen Straßenverkehrsgefährdung nach §§ 315 c, 316 StGB in Betracht“, erläuterte Lühmann.

Polizeidirektor Laub wies darauf hin, dass in der Praxis eine derartige Verurteilung oft daran scheitere, dass dem Fahrzeugführer keine ausreichenden Ausfallerscheinungen nachgewiesen werden können, die eine relative Fahrunsicherheit begründen. Insofern habe die neue Gesetzesregelung keine Auswirkungen auf die Bekämpfung von Drogenfahrten im Straßenverkehr.

Für Prof. Daldrup stellt sich die Lage so dar: „Wird bei einem Fahrzeugführer im Blut eine psychoaktive Substanz nachgewiesen und zeigte er eine entsprechende Beeinträchtigung, so dürfte er ohne weiteres analog den Bestimmungen zur „Trunkenheit im Verkehr“ strafrechtlich belangt werden können. Sind hingegen keine Fahrfehler nachweisbar, ist nicht von einer Ordnungswidrigkeit auszugehen, weil kein Stoff aus der Gruppe der NPS in der Anlage zu § 24a (2) StVG aufgeführt wird.“

Auf diesen Sachverhalt reagierte Kirsten Lühmann mit dem Hinweis dass es das neue Gesetz zulasse, die Liste der Stoffgruppen in § 24 a StVG durch Rechtsverordnung zu ergänzen. Sie konstatierte darüber hinaus, dass das Gesetz zu den neuen psychoaktiven Stoffen nur ein erster Schritt gegen deren Verbreitung sei. „Die jetzige Gesetzgebung ist nicht das letzte Puzzleteil, auf neue Trends und Entwicklungen bei NPS muss der Gesetzgeber reagieren“, sagte Lühmann. Notwendig seien für die Praxis vor allem auch die Kenntnis über die einzelnen Stoffe und die Ausstattung zum Nachweis dieser Substanzen. Insoweit sei es geboten, flächendeckende Testmöglichkeiten zu schaffen und die Forschung entsprechend zu unterstützen.“ Polizeidirektor Laub ergänzte dies mit einem Hinweis auf einen von der Innenministerkonferenz getroffenen Beschluss, die Polizeikompetenzen zu stärken, z.B. durch verpflichtende standardisierte Fahrtüchtigkeitstests und die erweiterte Möglichkeit zur Beschlagnahme von Führerscheinen nach einer Drogenfahrt.

Das Symposium wurde moderiert von dem ehemaligen Generalbundesanwalt Harald Range.

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Norbert Radzanowski

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